Geschichte

Geschichte der Bündner Bergführer

Am besten geeignet, einen Einblick in die Geschichte der Bündner Bergführer zu erhalten, ist das Werk „Bündner Bergführer“ von Hans Philipp, Pontresina und René Matossi, St.Moritz. Es ist eine interessante und informative Dokumente- und Materialiensammlung zur Geschichte des Führerwesens im Kanton Graubünden.

Erschienen ist das Buch 1996 im Verlag Emil Sutter-Lehmann, 3818 Grindelwald. Bezogen werden kann es bei den Autoren oder im Buch-Fachhandel.

Als kleinen Vorgeschmack führen wir hier das Geleitwort der Autoren auf, das jedoch ein Studium der Literatur nicht ersetzen kann:


Die vorliegende Schrift ist eine Dokumentation über die Entstehung und Geschichte des Bündner Bergführerwesens ab ungefähr Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Sie kann nicht den Anspruch der Vollständigkeit für sich beanspruchen, sondern muss eher als ein Versuch gewerten werden.

Es ist nicht leicht, aus Recherchen aller Art ein Ganzes bilden zu wollen. Dessen sind sich die Autoren und Mitarbeiter bewusst. Zwangsläufig müssen sich da Lücken und wahrscheinlich auch Fehler einschleichen. Wir haben versucht, aus den vorhandenen Unterlagen soviel als möglich aneinander zu fügen und daraus eine verständliche, in chronologischer Reihenfolge erzählte Geschichte zu schreiben. Viele uns zur Verfügung stehenden Unterlagen konnten nicht bis ins letze Detail nachgeprüft werden. Aber selbst bei solchen aus verschiedenen Quellen, die dasselbe Thema behandelten, zeigten sich Ungereimtheiten und es war oft unmöglich zu eruieren, welche Angaben nun die richtigen waren. Aus diesem Grund müssen wir die Leser um gefällige Nachsicht bitten.

Im Führerverzeichnis haben wir bewusst nur verstorbene Kameraden aufgelistet, und auch hier natürlich nur soweit es uns überhaupt möglich war. Es ist uns ein Anliegen, dieser tapferen Männer zu gedenken. Es lag in unserer Absicht, damit die Erschliessung unserer Bündner Gebirgswelt für kommende Generationen etwas näher zu beleuchten.

Ein heikles Thema war die Auslese von Lebensbildern. Wir haben uns bemüht, nicht nur „grosse“, bekannte Bergführer in Text und Bild vorzustellen, sondern soweit wie möglich flächendeckend solche aus dem ganzen Kanton zu berücksichtigen. Natürlich durften bedeutende Führer nicht unerwähnt bleiben, weil sonst die Geschichte verfälscht würde. Alle nicht extra beschriebenen Kameraden hätten es ebenfalls verdient, in dieser Rubrik berücksichtigt zu werden, sie haben selbstverständlich ebenfalls ihren Teil zur Geschichte der Führerei beigetragen. Das hätte aber den Rahmen dieses Buches gesprengt.

Zur Geschichte der Bergführer gehören aber auch verdienstvolle Wissenschaftler und Alpinisten, wie zum Beispiel Pater Placidus a Spescha aus Disentis oder der Erstbegeher des Piz Bernina, Johann Coaz, der nachmalige eidgenössische Oberforstinspektor aus S-chanf und sicher noch andere. Einer der ersten wirklichen Bündner Bergführer war wahrscheinlich der Gemsjäger Gian Marchet Colani aus La Punt, wohnhaft in Pontresina, der angeblich zwei Jahre vor seinem Tod, im Jahre 1835, zusammen mit dem Glarner Bergführer Madutz, die Herren P. Flury und Meuli und den Wissenschaftler Professor O. Heer zum Ostgipfel des Piz Palü führte.

Die allererste Generation der Führer hatte noch keine Gelegenheit, sich in diesem Beruf ausbilden zu lassen. Sie wollten es auch nicht unbedingt. Wir verweisen hier auf den Widerstand dieser alten Garde, als es darum ging, am Ende des Jahrhunderts ein Bergführergesetz in Kraft zu setzen, worin natürlich auch die Pflicht zur Absolvierung eines Führerkurses als Voraussetzung zur Erlangung des Bergführerpatentes vorgesehen war.

Der im Jahres 1863 gegründete Schweizerische Alpenclub hat sich von Anfang an mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Der Kanton Wallis und das Berner Oberland waren hier bahnbrechend. Sie kannten die Pflicht zum Besuches eines Kurses für angehende Bergführer lange vor den Bündnern.

Der erste Bündnerische Bergführerkurs, veranstaltet durch den Schweizerischen Alpenclub, fand nach unseren Unterlagen im Jahre 1868 unter der Leitung von Johann Coaz im Engadin statt.

Weitsichtige Männer sahen die Notwendigkeit ein, die wildwuchernde Führerei in gelenkte Bahnen zu leiten. Im Grossen Rat des Kantons Graubünden wurde in dieser Hinsicht im Jahre 1899 die Motion Töndury eingereicht.

Es sollte noch ein dornenvoller Weg werden, bis endlich im Jahre 1907 das erste kantonale Bergführer-Gesetz in Kraft treten konnte. Der erste kantonale Bergführerkurs fand noch im selben Herbst in Pontresina mit 76 Bewerbern statt. Dessen technische Leiter waren Martin Schocher aus Pontresina und Christian Zippert aus La Punt.

Pontresina, im Juni 1996
Hans Philipp/René Matossi